Im Bann der Bildschirme

Seit wir mit dem Projekt begonnen haben, sammeln wir Bilder.
Momente des ständigen Konsums, des digitalen Versunkenseins – festgehalten, nachgestellt, teilweise verfremdet.
Menschen an ihren Smartphones – überall:
Im Restaurant. Auf dem Konzert. In der Bahn. Im Flugzeug.
Auf dem Spielplatz. Mitten in der Fußgängerzone.
Oder bei der Party – am Lagerfeuer, aber ohne Blick füreinander.


Was uns bewegt:
All diese Situationen ohne echte Gespräche, ohne Augenkontakt, ohne Präsenz.
Statt Miteinander: Bildschirm.
Statt Spiel: Scrollen.
Statt Nähe: Abstand.


Unsere Bildserie dokumentiert nicht nur eine Beobachtung – sie ist ein stiller Aufruf zur Umkehr. Denn wir glauben: Es ist Zeit, den Blick wieder zu heben.

Fensterplatz ins Leben – oder ins Display


Wir sitzen im Flugzeug. Meine Kinder (18 und 14) fliegen zum ersten Mal. Ich habe Apfelscheiben, ein Comic und ein Rätselheft dabei. Vor uns sitzt eine junge Familie mit einer zweijährigen Tochter. Die Kleine ist aufgeregt, klatscht beim Start, plappert fröhlich Worte wie „Haus“, „Kuh“ und „Sonne“. Ich lächle. Dann holt der Vater ein Smartphone hervor, klappt den Tisch herunter, stellt das Gerät vor sie und setzt ihr Kopfhörer auf. Auf dem Bildschirm tanzt ein rosa Schwein. Die Kleine wird ganz still. Sie bleibt es den ganzen Flug über.
 
Auf der anderen Seite sitzt ein Vater mit seinem zehnjährigen Sohn. Kaum sitzt der Junge, baut er sein mobiles Gaming-Setup auf. Als wir durch die Wolkendecke fliegen, blendet die Sonne den Bildschirm. Der Junge beschwert sich, der Vater reagiert gereizt, zieht den Rollladen herunter. Bis zur Landung ist Ruhe. Erst als die Stewardess um das Verstauen der Geräte bittet, gibt es kurze Diskussionen und Beleidigungen. „Zehn Minuten ohne geht auch“ – aber eben nur stumm.
 
Meine Kinder erleben den Moment.
Sie freuen sich als der Flieger abhebt, sind begeistert von der Geschwindigkeit und wie die Welt immer kleiner wird. Wir beobachten gemeinsam den Sonnenaufgang. Als sie doch ein bisschen, wegen der Höhe, nervös werden lösen wir Rätsel, lachen und freuen uns auf den Urlaub. Für sie wird dieser Flug zur Erinnerung. Für viele andere war es nur ein weiterer digitaler Stream.